Die Gottespest
Johann Most (1883)
Unter allen Geisteskrankheiten, welche „der Mensch in seinem dunklen
Drange“ sich systematisch in den Schädel impfte, ist die Gottespest die
allerscheußlichste. Wie alles eine Geschichte hat, so ist auch diese
Seuche nicht ohne Historie; nur schade, daß es mit der Entwicklung von
Unsinn zum Verstand, wie sie im Allgemeinen aus dem Historismus oft
gefolgert wird, bei dieser Art Geschichte ganz gewaltig hapert. Der alte
Zeus und sein Doppelgänger, der Jupiter – das waren noch ganz anständige,
fidele, wir möchten sagen gewissermaßen aufgeklärte Kerle, verglichen mit
den jüngsten Drillingssprossen am Stammbaume der Götterei, welche sich,
bei Licht besehen, an Brutalität und Grausamkeit getrost mit Fitzliputzli
messen können.
Wir wollen übrigens mit den pensionierten oder abgesetzten Göttern
überhaupt nicht rechten, denn die richten keinen Schaden mehr an. Die noch
amtierenden Wolkenverschieber und Höllen-Terroristen des Himmels aber
wollen wir dafür desto respektloser kritisieren, blamieren und abführen.
Die Christen haben einen dreifältigen Gott; ihre Vorfahren, die Juden,
begnügten sich mit einem einfältigen. Sonst sind beide Gattungen eine
recht heitere Gesellschaft. „Altes und neues Testament“ bilden für sie die
Quellen aller Weisheit; daher muß man diese „heiligen Schriften“ wohl oder
übel lesen, wenn man sie durchschauen und verlachen lernen will.
Greifen wir nur die „Geschichte“ dieser Gottheiten heraus, so genügt das
eigentlich schon zur Charakteristik des Ganzen vollkommen. In kurzem
Abriss
ist die die Sache nämlich die: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“ Er
befand sich mithin zunächst im allgemeinen Nichts, wo es allerdings
nüchtern genug ausgesehen haben mag, um sich als Gott darin zu langweilen.
Und da es für einen Gott eine Kleinigkeit ist, aus Nichts Welten
hervorzuzaubern, wie ungefähr ein Taschenspieler Hühnereier oder
Silbertaler aus den Ärmeln schüttelt, so „schuf“ er „Himmel und Erde“.
Später drechselte er „Sonne, Mond und Sterne“ zurecht. Gewisse Ketzer, so
man Astronomen nennt, haben zwar längst festgestellt, daß die Erde weder
Mittelpunkt des Universums ist, noch je gewesen sein kann, noch überhaupt
zu existieren vermochte, bevor die Sonne, um welche sie sich dreht, da
war. Diese Leute haben nachgewiesen, dass es ein reiner Blödsinn ist, von
„Sonne, Mond und Sternen“ und daneben von der Erde zu reden, als ob
dieselbe, verglichen mit Ersteren, etwas ganz Spezielles und
Übergewichtiges wäre. Sie haben es längst jedem Schulbuben eingepaukt, daß
die Sonne auch nur ein Stern, die Erde aber ein Trabant der Sonne, der
Mond sozusagen ein Untertrabant der Erde ist, nicht minder, daß die Erde,
verglichen mit dem Weltganzen, weit entfernt, eine hervorragende Rolle zu
spielen, umgekehrt kaum wie ein Sonnenstäubchen sich ausnimmt.
Was hat sich ein Gott um Astronomie zu kümmern? Er macht, was er will und
pfeift auf Wissenschaft und Logik. Aus diesem Grunde hat er auch nach
seiner Erdenfabrikation zuerst das Licht und hernach die Sonne gemacht.
Selbst ein „Hottentotte“ kann heutzutage einsehen, dass ohne Sonne auf der
Erde kein Licht sein kann; aber Gott – hm! der ist ja kein „Hottentott“.
Aber hören wir weiter! Die „Schöpfung“ war so weit ganz gelungen, aber es
war immer noch kein rechtes „Leben in der Bude“. Der Schöpfer wollte sich
amüsieren. Daher machte er endlich Menschen. Er wich dabei
merkwürdigerweise ganz von seiner zuvor angewandten Praxis ab. Statt diese
„Schöpfung“ durch ein einfaches „Es werde!“ zu bewerk-stelligen, machte er
ungemein viel Umstände beim „Schaffen“. Er nahm einen ganz prosaischen
Lehmkloß zur Hand, modellierte daraus „nach seinem Ebenbilde“ eine
Mannesfigur und „blies derselben eine Seele ein.“ Da aber Gott allweise,
gütig, gerecht, kurzum die Liebenswürdigkeit selber ist, so leuchtete ihm
ein, daß dieser Adam, wie er sein Fabrikat nannte, sich allein ungemein
langweilen dürfte.
(Vielleicht erinnerte er sich dabei an sein vormaliges langweiliges Dasein
im Nichts.) Und so erzeugte er denn eine ganz nette, reizende Eva. Hier
hatte ihn indessen offenbar die Erfahrung gelehrt, dass die Bearbeitung von
Lehmklößen eben doch für einen Gott ein gar zu unreinliches Geschäft sei,
weshalb er eine neue Fabrikationsmethode in Anwendung brachte. Er riss dem
Adam eine Rippe aus und verwandelte dieselbe – Geschwindigkeit ist keine
Hexerei, am allerwenigsten für einen Gott – in ein niedliches
Frauenzimmer. Ob die herausgenommene Rippe Adam später wieder ersetzt
wurde, oder ob nach der stattgefundenen Operation Adam als einseitiger
Mensch herumlaufen musste, davon schweigt des Sängers Höflichkeit.
Die moderne Naturwissenschaft hat festgestellt, dass sich Tiere und
Pflanzen im Laufe von Millionen von Jahren aus einfachen Urschleimgebilden
in den mannig-faltigsten Abzweigungen bis zu ihren jetzigen Formen
entwickelt haben. Sie hat ferner festgestellt, dass der Mensch nichts
weiter ist, als das Produkt dieser Entwicklung, und dass er nicht nur vor
so und so vielen Jahrtausenden auch im engeren Sinne des Wortes ein sehr
tierisches Aussehen hatte und keine Sprache besaß, sondern auch, dass er –
jede andere Annahme schließt sich von selbst aus – aus niedrigen Tierarten
hervorgegangen sein muß.
Die Naturwissenschaft lässt mithin Gott mit seiner selbst verkündeten
Menschenmacherei als einen ganz albernen Aufschneider erscheinen. Aber was
nützt das alles! Gott lässt mit sich nicht spaßen. Ob seine Erzählungen
wissenschaftlich klingen, oder sich wie alberner Quatsch anhören, er
befiehlt, dass man daran glaube, widrigenfalls er es geschehen lässt, dass
einen der Teufel (sein Konkurrent) holt, was sehr unangenehm sein soll. In
der Hölle herrscht ja nicht nur beständiges Heulen und Zähneklappern,
sondern es brennt auch ein ewiges Feuer, es nagt ein unermüdlicher Wurm
und es stinkt ganz heillos nach Pech und Schwefel. Alledem soll ein Mensch
ohne Leib ausgesetzt werden. Es schmort sein Fleisch, das er nicht bei
sich hat; er klappert mit den längst ausgefallenen Zähnen; er heult ohne
Hals und Lunge; seine in Staub zerfallenen Knochen benagt der Wurm; er
riecht ohne Nase – und das alles ewiglich. Eine verteufelte Geschichte!
Gott ist überhaupt, wie er in seiner selbstverfassten Chronik, der Bibel,
ganz offenherzig mitteilt, ungemein launig und rachgierig – geradezu ein
Musterdespot. Kaum waren Adam und Eva gemacht, so verstand es sich für ihn
von selbst, dass dieses Pack regiert werden müsse; deshalb erließ er ein
Strafgesetzbuch. Dasselbe lautete kategorisch: Ihr sollt nicht essen vom
Baume der Erkenntnis! Seitdem hat auch noch nie irgendwo ein gekrönter
oder ungekrönter Tyrann existiert, welcher nicht den Völkern dieses Diktat
zugeschleudert hätte.
Adam und Eva respektierten dieses Verbot nicht. Dafür wurden sie
ausgewiesen und zu lebenslänglicher und auch auf ihre Nachkommen für alle
Zeiten zu übertragender harte Arbeit verdonnert. Der Eva wurden außerdem
noch die „bürgerlichen Ehrenrechte“ aberkannt, indem sie als Magd Adam's
deklariert wurde, dem sie zu gehorchen habe. Unter göttlicher
Polizeiaufsicht standen sie ohnehin schon. Wahrhaftig, so weit hat es
selbst Fatzke im Schuhriegeln der Menschen noch nicht gebracht.
Die Strenge Gottes gegen die Menschen nützte indessen gar nichts, vielmehr
ärgerten ihn dieselben, je mehr sie sich vermehrten, desto schmählicher.
Und wie diese Vermehrung vonstatten ging, das konnte man schon bei der
Geschichte von Kain und Abel merken. Als der letztere von seinem Bruder
totgeschlagen worden, ging Kain „in ein fremdes Land“ und nahm sich ein
Weib. Woher das „fremde Land“ mit den dort zu findenden Weibern plötzlich
kam, hat der liebe Gott freilich nicht notiert, was bei seiner damaligen
Arbeitsausübung nicht zu verwundern ist.
Endlich war das Maß voll. Gott beschloß, die ganze Menschheit durch Wasser
zu vertilgen. Nur ein paar Leute nahm er aus, um es nochmals zu probieren;
unglück-licherweise hatte er sich, aller Weisheit ungeachtet, aber schon
wieder einmal vergriffen, denn Noah, der Chef der Geretteten, entpuppte
sich bald als ein großer Söffel, mit dem seine Söhne Allotria trieben. Was
konnte aus solch einer verlotterten Familie Gutes entstehen?
Wieder breitete sich die Menschheit aus; wieder entwickelte sich dieselbe
zu jenen „Rabenäsern“ und „Sündenlümmeln“, von denen das bekannte
Mecklenburger Gesangbuch soviel Böses zu berichten weiß. Gott hätte
bersten mögen vor himmlischem Zorne, zumal alle seine exemplarischen
Lokalzüchtigungen, wie Austilgung ganzer Städte, durch Pech und Schwefel,
„rein für die Katz“ waren. So entschloss er sich, das ganze Gesindel mit
Stumpf und Stiel auszurotten, als ein höchst sonderbares Ereignis ihn
wieder milder stimmte. Andernfalls wäre es längst um die Menschheit
geschehen gewesen.
Eines Tages tauchte nämlich ein gewisser „heiliger Geist“ auf. Es ging
demselben, wie dem „Mädchen aus der Fremde“ – Niemand
wusste, woher er kam.
Der Bibelschreiber (nämlich Gott) sagt nur, er selber sei der heilige
Geist. Man hat es also vorläufig mit einer zweieinigen Gottheit zu tun.
Jener „heilige Geist“ kam auf den Einfall, in der Gestalt eines Täuberichs
mit einem Frauenzimmer namens Maria eine Bekanntschaft anzuknüpfen. Er
„überschattete“ in einer süßen Stunde die Auserwählte seines Herzens, und
siehe da, sie gebar ein Knäblein, was indessen, wie Gott in der Bibel
ausdrücklich betont, ihrer Jungfräulichkeit durchaus keinen Abbruch tat.
Der früher bemerkte Gott nannte sich nun Gott-Vater, versicherte jedoch
gleichzeitig, dass er nicht nur mit dem „heiligen Geist“, sondern auch mit
Gottes Sohn vollständig identisch sei. Man denke! Der Vater war sein
eigener Sohn, der Sohn sein eigener Vater, beide zusammen außerdem noch
„heiliger Geist“. So gestaltete sich die „heilige Dreifaltigkeit“.
Und nun armes Menschenhirn, halte Stand, denn was jetzt folgt, könnte ein
Pferd umbringen! Wir wissen, daß Gott-Vater beschlossen hatte, das
Menschenpack zu frikassieren. Das tat dem Gott-Sohn ungemein leid. Er
(bekanntlich gleichzeitig Gott-Vater) nahm die ganze Schuld der Menschen
auf sich und ließ sich, um seinen Vater (bekanntlich gleichzeitig
Gott-Sohn) in seiner Raserei zu beschwichtigen, von jenem zu erlösenden
Gesindel zu Tode schinden – natürlich nicht ohne nachträglich wieder
frisch und froh in den Himmel zu fahren. Diese Aufopferung des Sohnes (der
Eins ist mit dem Vater) machte dem Vater (der Eins ist mit dem Sohn) einen
solchen Höllenspaß, dass er sofort eine allgemeine Amnestie erließ, welche
zum Teil noch heute in Kraft ist.
Das ist der „geschichtliche Teil“ der „heiligen Schrift“. Man sieht, der
Blödsinn ist dick genug aufgetragen, um Denjenigen, der bereits
idiotisiert genug ist, ihn zu verdauen, empfänglich für irgend einen
Wahnwitz zu machen. Hierher gehört vor allem die Lehre von der Belohnung
und Bestrafung des Menschen im so genannten „Jenseits“. Längst ist es
wissenschaftlich erwiesen worden, dass es ein vom Körper unabhängiges
Seelenleben nicht gibt, dass das, was die Religionsschwindler „Seele“
nennen, nichts weiter ist, wie das Denkorgan (Hirn), welches durch die
lebendigen Sinnesorgane Eindrücke empfängt und auf Grund derselben sich
betätigt, und dass mithin im Augenblicke des körperlichen Absterbens auch
diese Regung aufhören muss. Was kümmern sich aber die Todfeinde des
menschlichen Verstandes um die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung?
Gerade so viel, als nötig ist, dieselben nicht ins Volk dringen zu lassen.
So predigen sie denn das „ewige Leben“ der menschlichen „Seele“. Wehe
derselben, im „Jenseits“, wenn der Leib, worin sie „diesseits“ gesteckt,
die Strafgesetze „Gottes“ nicht pünktlich respektierte! Wie uns diese
Leute nämlich versichern, ist ihr „allgütiger, allgerechter,
allbarmherziger, gnädiger etc. etc. Gott“ eine Ultra-Schnüffelnase, welche
sich um jeden Pfifferling eines jeden Einzelnen bekümmert und jeden
„Fehltritt“, den ein Mensch macht, in seine Allerweltsakten einträgt.
Dabei ist er ein ganz absonderlicher Kauz. Während er wünscht, daß
neugeborene Kinder unter der Gefahr eines Schnupfens ihm zu Ehren mit
kaltem Wasser begossen (getauft) werden; während er einen Heidenspaß hat,
wenn unzählige Glaubensschafe in ihren kirchlichen Ställen ihn
litaneimäßig anblöken, oder wenn ihm die Eifrigsten seines Anhangs ohne
Unterlass fromme Katzenmusik darbringen und ihn um alle möglichen und
unmöglichen Dinge anbetteln (beten); während er sich in blutige Kriege
mischt und als „Schlachtengott“ sich von den Siegern anposaunen und
weihräuchern lässt, wird er fuchsteufelswild, wenn jemand an seinem Dasein
zweifelt, falls er Katholik ist, an Freitagen Fleisch isst oder nicht
fleißig per Ohrenbeichte seine „Sünden“ losscheuert; falls er Protestant
ist, nicht die den Katholiken empfohlenen Heiligenknochen,
Muttergotteslappen und Bilder verachtet, oder wenn er überhaupt nicht mit
bockledernen Mienen, verdrehten Augen, gekrümmtem Rücken und gefalteten
Händen in der Welt umher duselt.
Stirbt so ein Mensch in „verstocktem“ Zustande, so wird ihm vom „lieben
Gott“ eine Strafe zudiktiert, gegen welche alle Hiebe und Knuten und
neunschwänzigen Katzen, alle Zuchthaus-Qualen und Verbannungs-Leiden, alle
Empfindungen der Verdammten auf dem Schaffotte, alle Foltern und Martern,
die je ein irdischer Tyrann ersonnen haben mag, nur angenehme Kitzeleien
sind. Dieser „Gott“ überbietet an bestialischer Grausamkeit alles, was auf
der Erde Kanailleuses passieren könnte.
Sein Zuchthaus heißt Hölle, die wir bereits kennen, sein Henker ist
der Teufel, seine Strafen dauern ewig. Er gewährt höchstens für leichte
Fälle nach längerer Zeit Begnadigung, vorausgesetzt, daß der betreffende
Delinquent als Katholik gestorben ist. Für einen solchen hat er nämlich
unter Umständen das „Fegefeuer“ vorgesehen, welches sich von der „Hölle“
ungefähr so unterscheidet, wie in Preußen das Gefängnis vom Zuchthaus; so
ist es nur für verhältnismäßig kurz-zeitige Insassen eingerichtet und hat
etwas leichtere Disziplin. Immerhin brennt es auch im Fegefeuer ganz
„gottsträflich“. Sogenannte „Todsünden“ werden indessen nie mit Fegefeuer,
sondern stets nur mit Hölle geahndet. Hierher gehört z.B.
„Gotteslästerung“, begangen durch Wort, Schrift und Gedanken. Gott duldet
also in dieser Beziehung nicht nur weder Press-, noch Redefreiheit,
sondern er trifft auch schon die unausgesprochenen Gedanken. Überbietet er
somit schon an und für sich an Rüpelhaftigkeit selbst die schuftigsten
Despoten aller Länder und Zeiten, so tut er dies weit mehr noch
hinsichtlich der Art und Dauer seiner Strafmittel. Dieser Gott ist also
das denkbar entsetzlichste Scheusal. Sein Verhalten ist um so infamer, als
er von sich behaupten lässt, dass die ganze Welt und namentlich die
Menschheit in all ihrem Tun und Lassen durch seine „göttliche Vorsehung“
reguliert wird. Er malträtiert also die Menschen für Handlungen, deren
Urheber er selber ist! Wie liebenswürdig sind gegenüber diesem Ungeheuer
die Tyrannen der Erde aus vergangener und gegenwärtiger Zeit! – Gefällt es
Gott aber, einen Menschen nach seinen Begriffen gut leben und sterben zu
lassen, so – malträtiert er ihn erst recht. Denn der versprochene „Himmel“
ist, wenn man ihn genau betrachtet, noch ein viel heilloserer Platz, als
die Hölle. Man hat da gar keine Bedürfnisse, sonder ist immer befriedigt,
ohne daß je ein Verlangen nach irgend einer Sache der Befriedigung
vorausginge. Da aber ohne Verlangen und Erlangen gar kein Genuss denkbar
ist, so ist das Dasein im Himmel rein genusslos. Man ist da ewig im
Anschauen Gottes versunken; es wird immer auf den nämlichen Harfen
dieselbe Melodie gespielt; man singt fortwährend das „neue Lied, das
schöne Lied“, wenn auch nicht „von dem versoffen Nagelschmied“, so doch
kaum Anregenderes. Das ist die höchste Potenz der Langweiligkeit Der
Aufenthalt in einer Isolierzelle wäre dem entschieden vorzuziehen. Kein
Wunder, daß die-jenigen, welche reich und mächtig genug sind, das Paradies
auf Erden genießen, unter sich mit Heine lachend ausrufen:
„Den Himmel überlassen wir den Engeln und den Spatzen.“
Und doch sind es gerade die Reichen und Mächtigen, welche den
Gottesblödsinn und die Religionsdusselei hegen und pflegen. Es gehört das
entschieden zum Geschäft.
Ja, es ist für die herrschenden und ausbeutenden Klassen geradezu eine
Lebens-frage, ob das Volk religiös versimpelt wird oder nicht. Mit dem
Religionswahnsinn steht und fällt ihre Macht.
Je mehr der Mensch an Religion hängt, desto mehr glaubt er. Je mehr er
glaubt, desto weniger weiß er. Je weniger er weiß, desto dümmer ist er. Je
dümmer er ist, desto leichter kann er regiert werden! – Dieser
Gedankengang war den Tyrannen aller Länder und Zeiten geläufig, daher
standen sie auch stets mit den Pfaffen im Bunde. Gelegentliche
Streitigkeiten zwischen diesen beiden Sorten von Menschenfeinden waren
sozusagen nur häuslicher Hader um die Obergewalt. Jeder Pfaff' weiß, dass
er ausgespielt hat, sobald die „oberen Zehntausend“ ihm nicht mehr unter
die Arme greifen. Jedem Reichen und Mächtigen ist es kein Geheimnis, dass
der Mensch nur dann geknechtet und ausgebeutet werden kann, wenn die
Schwarzkünstler irgend einer Kirche es fertig bringen, genügenden
Sklavensinn in die Herzen der Volksmassen zu pflanzen, denselben die Erde
als „Jammertal“ erscheinen zu lassen, ihnen das „göttliche“ Diktat: „Seid
Untertan der Obrigkeit!“ einzutrichtern, und sie mit einer angeblichen
Extrawurst, welche nach dem Tode im unbekannten Wolkenkuckucksheim
gebraten werden soll, abspeisen.
Der Erzjesuit Windhorst ließ einmal im deutschen Reichstag in der Hitze
des Gefechtes deutlich genug erkennen, wie die Schwindler und Gauner der
Welt über diesen Punkt denken. „Wenn im Volke der Glaube zerstört wird“ –
sagte er – „kann es das viele Elend nicht mehr ertragen und rebelliert!“ –
das war deutlich und hätte jeden Arbeiter zum Nachdenken anregen sollen,
würde ihn auch stutzig gemacht haben, wenn – ja wenn nicht so viele
religiös zu vernagelt wären, um noch imstande zu sein, mit normalen Ohren
zu hören und einfache Dinge zu begreifen.
Umsonst haben die Pfaffen – d.h. die schwarzen Gendarmen des Despotismus –
sich nicht stets so ungeheuer abgemüht, den Rückgang des religiösen Wesens
aufzuhalten, obwohl sie selbst bekanntlich unter sich vor Lachen bersten
möchten ob des Blödsinns, den sie gegen gute Bezahlung predigen.
Jahrtausende hindurch haben diese Gehirnverhunzer einfach ein
Schreckensregiment geführt, ohne welches die religiöse Tollhäusigkeit
längst ein Ende genommen hätte. Galgen und Schwert, Kerker und Ketten,
Gift und Dolch, Meuchel- und Justizmord – das waren ihre Mittel zur
Aufrechterhaltung dieses Wahnsinns, der ein ewiger Schandfleck in der
Geschichte der Menschheit bleiben wird. Hunderttausende sind auf
Scheiter-haufen langsam „im Namen Gottes“ geröstet worden, weil sie es
gewagt, den biblischen Mist stinkend zu finden. Millionen von Menschen
wurden gezwungen, sich in langwierigen Kriegen die Köpfe gegenseitig
einzuschlagen, ganze Länder zu verwüsten und nach Mord und Brand die Pest
zu erzeugen – nur damit die Religion erhalten blieb. Die raffiniertesten
Foltern wurden seitens der Pfaffen und ihrer Helfershelfer ersonnen, wenn
es galt, diejenigen, welche vor Gott keine Furcht mehr hatten, durch
irdische Teufeleien neuerdings in Religiosität hinein-zuschrecken.
Man nennt einen Menschen einen Verbrecher, der anderen Hände und Füße
verstümmelt. Wie soll man jene bezeichnen, welche das Hirn zugrunderichten,
und, wenn ihnen das nicht gelingen will, den ganzen Körper mit
ausgesuchter Grausamkeit Zoll für Zoll verderben?
Wohl ist wahr: Diese Strolche können heute ihr göttliches Banditengewerbe
nicht mehr in der althergebrachten Weise treiben, wenn auch
Gotteslästerungsprozesse und dergl. immer noch vorkommen; dafür haben sie
sich aber desto mehr auf Familienschleicherei, auf Weiberbeeinflussung,
auf Kinderfang und Missbrauch der Schule geworfen. Ihre Heuchelei hat eher
zu- als abgenommen. Selbst der Presse haben sie sich in einem sehr hohen
Grade bemächtigt, seitdem sie bemerkten, dass sie nicht mehr imstande
seien, die Buchdruckerei als solche wieder aus der Welt zu schaffen. „Wo
ein Pfaff hintritt, wächst zehn Jahre lang kein Gras mehr“, lautet ein
altes Sprichwort. Das heißt mit anderen Worten: Ein Mensch, der einmal den
Pfaffen unter die Klauen geraten ist, hat aufgehört, gedanklich fruchtbar
zu sein. Seine Gehirnmaschinerie stockt, statt derselben kriechen
religiöse Maden und göttliche Würmer in seinem Schädel umher. Er gleicht
einem Schafe, das die Drehkrankheit hat. Diese Unglücklichen sind um ihren
eigenen Lebenszweck betrogen und, was noch schlimmer ist, bilden den
großen Tross im Gefolge der Widersacher von Wissenschaft und Aufklärung,
von Revolution und Freiheit. Wo immer es gilt, neue Ketten für die
Menschheit zu schmieden: sie sind bereit, in stumpfsinnigem Unverstand wie
besessen darauf loszuhämmern. Wenn gegen die fortschreitende Entwicklung
der Dinge Hindernisse in den Weg gewälzt werden sollen – diese
Unglücklichen werfen sich nötigenfalls in ihrer ganzen breiten Masse dem
Strome der Zeit entgegen. Wenn man sich daher anschickt, diese
Geistes-krankheit zu kurieren, so tut man nicht nur ein gutes Werk den
Betreffenden gegenüber, sondern man steht auch im Begriffe, einen
Krebsschaden auszu-brennen, an welchem das ganze Volk leidet, und der
schließlich unbedingt total ausgetilgt werden muß, wenn die Welt endlich
eine Stätte für Menschen werden soll, statt, wie bisher, ein Spielplatz
für Götter und Teufel, welche mit uns Schindluder treiben. Heraus also mit
der Religion aus den Köpfen und nieder mit den Pfaffen! Die Letzteren
pflegen zu sagen, der Zweck heiligt die Mittel. Wohlan! Wenden wir diesen
Grundsatz endlich auch gegen sie an! Unser Zweck ist die Befreiung der
Menschheit aus jeglicher Sklaverei, aus dem Joche sozialer Knechtschaft,
wie aus dem Fesseln politischer Tyrannei, nicht minder, ja vor allem, aus
dem Banne religiöser Finsternis. Jedes Mittel zu Erreichung dieses
hohen Zieles muss von allen wahren Menschenfreunden für recht erkannt und
bei jeder sich darbietenden Gelegenheit in Anwendung gebracht werden.
Jeder religionslose Mensch begeht eine Pflichtvernachlässigung, wenn er
täglich und stündlich nicht alles aufbietet, was in seinen Kräften steht,
die Religion zu untergraben. Jeder von Gottesglauben Befreite, der es
unterlässt, das Pfaffentum zu bekämpfen, wo und wann und wie er nur immer
Gelegenheit dazu hat, ist ein Verräter seiner Sache. Also Krieg dem
schwarzen Gesindel – unversöhnlicher Krieg bis aufs Messer! Aufreizung
gegen die Verführer, Aufklärung für die Verführten! Lasset uns jedes
Mittel des Kampfes in unsere Dienste nehmen: Die Geißel des Spottes, wie
die Fackel der Wissenschaft; wird diese nicht zureichen, – greif- und
fühlbarere Argumente!
Vor allem hüte man sich, in der Arbeiterbewegung Gottesphrasen und
Religionsgefasel schweigend mitanzuhören. So wenig in dem Lager der
sozialen Revolution – und was außerhalb desselben steht, ist eben
reaktionär – monarchistische Agitationen oder
Privateigentums-Beschönigungen Raum finden können, so wenig ist in
demselben Platz für göttlichen Blödsinn. Und, wohlgemerkt: je „anständiger“
diejenigen erscheinen, welche das verfluchte Religionsblech mit den
Arbeiterbestrebungen vermischen wollen; je „besser“ deren Ruf ist, desto
gefährlicher sind sie. Wer den Gottesschwindel in irgend einer Form predigt, kann nur ein Dummkopf oder ein Schurke sein. Beide
Sorten taugen nichts zur Förderung einer Sache, welche nur dann ihr Ziel
zu erreichen vermag, wenn sie voll und ganz auf der Höhe
wissenschaftlicher Erkenntnis steht und sich der Ehrlichkeit ihrer
Verfechter erfreut.
Opportunitätspolitik ist da nicht bloß von Übel, sie ist ein Verbrechen. Lassen die Arbeiter irgend welche Pfaffen sich in ihre
Angelegenheiten mischen, so sind sie nicht nur belogen und betrogen,
sondern auch alsbald verraten und verkauft. So selbstverständlich es ist, daß der Hauptkampf des Proletariats sich gegen den Kapitalismus zu richten
hat und mithin auch auf die Zerstörung des Gewalt-mechanismus desselben,
des Staates, abzielen muß, so wenig darf in ihrem Kampfe die Kirche außer
Acht gelassen werden. Die Religion muss systematisch im Volke untergraben
werden, wenn dasselbe zu Verstand kommen soll, ohne welchen es nicht die
Freiheit erringen kann.
Für die Dummen, resp. Verdummten, so weit sie noch besserbar erscheinen,
werfe man u. a. folgende Fragen auf: Wenn Gott will, dass man ihn kenne,
liebe und fürchte, warumzeigtersichnicht? Ist er so
gut, wie die Pfaffen sagen, welchen Grund hat man, ihn zu fürchten? Ist er
allwissend, weshalb belästigt man ihn mit seinen Privatangelegenheiten und
Gebeten? Ist er allgegenwärtig, wozu ihm Kirchen bauen? Ist er gerecht,
weshalb denkt man denn, er werde die Menschen bestrafen, welche er voller
Schwäche erschuf? Tun die Menschen nur aus Gottes Gnade Gutes, welchen
Grund hätte er dann, sie dafür zu belohnen? Ist er allmächtig, wie könnte
er es zulassen, daß wir ihn lästern? Ist er aber unbe-greiflich, weshalb
beschäftigen wir uns mit ihm? Ist die Kenntnis von Gott notwendig, weshalb
schwebt er im Dunkel? u.s.w. Vor solchen Fragen steht der gläubige Mensch,
wie ein Ochs vor dem Berge.
Jeder Nachdenkende muss aber zugeben, dass nicht ein einziger Beweis für die Existenz eines Gottes je erbracht worden ist. Außerdem
liegt nicht die geringste Notwendigkeit für die Existenz eines Gottes vor.
So wie wir bereits die Eigenschaften und Regeln der Natur kennen, ist ein
Gott in oder außerhalb der-selben geradezu zwecklos, gänzlich überflüssig
und mithin ganz von selbst hin-fällig. Sein „moralischer“ Zweck ist noch
nichtiger.
Es gibt ein großes Reich, in welchem ein Herrscher regiert, dessen
Verfahren den Geist seiner Untertanen in Unordnung bringt. Er will
gekannt, geliebt und geehrt sein, und alles bemüht sich, die Begriffe zu
verwirren, die man sich von ihm machen kann. Die Völker, welche seiner
Gewalt unterworfen sind, besitzen über den Charakter und die Gesetze ihres
unsichtbaren Souveräns bloß solche Ideen, als ihnen seine Minister
mitteilen; diese hingegen geben es zu, dass sie selbst keine Vorstellungen
von ihrem Meister sich machen können, dass sein Wille unerforschlich, seine
Ansichten und Eigenschaften unergründlich sind; so sind seine Diener unter
sich selbst nie einig über die Gebote, die sie von ihm auszugeben
vorgeben, dessen Organe sie sich nennen; er verkündet dieselben in jeder
Provinz seines Reiches verschieden; sie schmähen sich gegenseitig und
Einer beschuldigt den Anderen des Betruges und der Verfälschung. Die
Edikte und Gebote, welche sie zu verkünden beauftragt zu sein vorgeben,
sind dunkel; es sind Rätsel, die von den Untertanen, denen sie zur
Belehrung gegeben sein sollen, nicht verstanden und nicht erraten werden
können. Die Gesetze des verborgenen Monarchen bedürfen der Erklärungen,
doch Jene, die sie erklären, sind nie unter sich einig; Alles, was sie von
ihrem verborgenen Fürsten erzählen, ist ein Chaos von Widersprüchen; sie
sagen auch nicht ein Wort, das sich nicht auf der Stelle als Lüge erweisen
ließe. Man nennt ihn außerordentlich gut; dennoch gibt es auch nicht einen
Menschen, der sich nicht über seine Beschlüsse beklagt. Man nennt ihn
unendlich weise, und in seiner Verwaltung scheint alles der Vernunft und
dem gesunden Verstand entgegen zu sein. Man rühmt seine Gerechtigkeit und
die besten seiner Untertanen sind gewöhnlich die am wenigsten
Begünstigten. Man versichert, dass er alles sieht, und seine Allgegenwart
heilt nichts. Er ist, sagt man, ein Freund der Ordnung, und in seinem
Staate ist alles in Verwirrung und Unordnung. Er tut alles aus sich
selbst, aber die Ereignisse entsprechen selten seinen Plänen. Er sieht
alles voraus, aber er weiß nicht, was da kommen wird. Er lässt sich nicht
ungestraft beleidigen und dennoch duldet er die Beleidigung eines Jeden.
Man bewundert sein Wissen, die Vollkommenheit seiner Werke, dennoch sind
seine Werke unvollkommen und von kurzer Dauer. Er schafft, zerstört und
verbessert an dem, was er gemacht hat, ohne je mit seinem Werke zufrieden
zu sein. Bei allen seinen Unternehmungen sieht er nur auf seinen eigenen
Ruhm, dennoch erreicht er den Zweck, allgemein gerühmt zu werden, nicht.
Er arbeitet bloß an dem Wohlergehen seiner Untertanen, aber denselben
mangelt größtenteils das Notwendigste. Jene, die er am meisten zu
begünstigen scheint, sind gewöhnlich am wenigsten mit ihrem Schicksal
zufrieden; man sieht sie fast alle stets gegen einen Herren sich
auflehnen, dessen Größe sie bewundern, dessen Weisheit sie rühmen, dessen
Güte sie verehren, dessen Gerechtigkeit sie fürchten und dessen Gebote sie
heiligen, welche sie nie befolgen. – Dieses Reich ist die Welt; dieser
Herrscher ist Gott; seine Diener sind die Pfaffen, die Untertanen die
Menschen, – eine schöne Gegend!
Der Gott der Christen speziell ist, wie wir gesehen haben, ein Gott, der
Verheißungen macht, um sie zu brechen; der Pest und Krankheiten über die
Menschen kommen lässt, um sie zu bessern. Ein Gott, der die Menschen nach
seinem Ebenbilde schuf und doch nicht der Urheber des Bösen sein soll; der
sah, dass seine Werke sehr gut waren, und doch bald vernahm, dass sie
schlecht sind; der es wusste, dass die Menschen von der verbotenen Frucht
essen würden, und dennoch dafür das ganze Menschengeschlecht verdammte.
Ein Gott, der so schwach ist, um sich vom Teufel überlisten zu lassen, so
grausam, dass ihm kein Tyrann der Erde verglichen werden kann, das ist der
Gott der jüdisch-christlichen Götterlehre.
Derselbe ist ein allweiser Pfuscher, der die Menschen vollkommen
erschuf und sie doch nicht vollkommen erhalten konnte, der den Teufel
erschuf und ihn doch nicht zu beherrschen vermag, ein Allmächtiger, der Millionen Unschuldiger verdammte wegen des Fehlers Einiger; der
durch die Sündflut alle Menschen vertilgte bis auf einige, und ein neues
Geschlecht erzeugen ließ, nicht besser als das frühere; der einen Himmel
machte für die Toren, die an die Evangelien glauben, und eine Hölle für
die Weisen, die sie verwerfen. – Er ist ein göttlicher Quacksalber, der
sich durch den heiligen Geist selbst erzeugte; der sich selbst als
Vermittler sandte zwischen sich und Anderen; der, verachtet und verhöhnt
von seinen Feinden an ein Kreuz genagelt wurde wie eine Fledermaus an ein
Scheunentor; der sich begraben ließ, von den Toten auferstand, die Hölle
besuchte, lebendig in den Himmel fuhr und nun seit neunzehnhundert Jahren
zur rechten Hand seiner selbst sitzt, um zu richten die Lebendigen und die
Toten, dann, wenn es keine Lebendigen mehr geben wird. Er ist ein
schrecklicher Tyrann, dessen Geschichte mit Blut geschrie-ben sein
sollte, weil sie eine Religion des Schreckens ist.
Hinweg denn mit der christlichen Götterlehre; hinweg mit einem Gott,
erfunden durch Priester des blutigen Glaubens, die ohne ihr wichtiges Nichts, womit sie alles erklären, nicht länger im
Überfluss
schwelgen, nicht länger Demut predigen und selbst im Glanze leben; nicht
länger Sanftmut predigen und Hochmut üben, sondern durch die Aufklärung in
den Abgrund der Vergessenheit geschleudert werden. Hinweg denn mit der
grausamen Dreieinigkeit – dem mörderischen Vater, dem unnatürlichen Sohn,
dem wollüstigen Geist! Hinweg mit all den entehrenden Phantasmen, in deren
Namen die Menschen zu elenden Sklaven entwürdigt und durch die Allmacht
der Lüge von den Mühen der Erde auf die Freuden des Himmels verwiesen
werden. Hinweg mit ihnen, die mit ihrem geheiligten Wahne der Fluch der
Freiheit und des Glückes sind!
Gott ist nur ein von raffinierten Schwindlern erfundenes Gespenst,
vermittelst welchem die Menschen bisher in Angst erhalten und tyrannisiert
wurden. Aber das Truggebilde zerfließt sofort, wenn es unter dem Glase
nüchterner Untersuchung betrachtet wird; und die betrogenen Massen werden
unwillig, auf solche Popanzen noch länger zu achten, vielmehr führen sie
den Pfaffen die Worte des Dichters zu Gemüte:
„Ein Fluch dem Götzen, zu dem wir gebeten
In Winterkälte und Hungersnöten.
Wir haben vergebens gehofft und geharrt;
Er hat uns geäfft, gefoppt und genarrt.“
Sie lassen sich hoffentlich nicht mehr lange äffen, foppen und narren,
sondern stecken eines schönen Tages die Kruzifixe und Heiligen in den
Ofen, verwandeln die Monstranzen und Kelche in nützliches Geschirr,
benützen die Kirchen als Konzert-, Theater-, oder Versammlungslokale,
oder, falls sie dazu nicht taugen sollten, als Kornspeicher und
Pferdeställe, hängen die Pfaffen und Nonnen ins Glockenhaus und können
bloß das Eine nicht begreifen; wieso es kam, dass nicht schon längst
derartig verfahren wurde.
Dieser kurze, bündige und einzig praktikable Prozess wird sich natürlich
erst im Sturme der kommenden sozialen Revolution vollziehen, d.h. in dem
Augenblick, wo man auch mit den Komplizen der Pfaffheit, den Fürsten,
Junkern, Bürokraten und Kapitalisten „tabula rasa“ macht, Staat und
Gesellschaft aber, gleich der Kirche, mit eisernem Besen gründlich
ausmisten wird.
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